|
Nach einer überaus ermüdenden Woche in der
Partnerschule in Lenggries/Bayern war ich ziemlich angeschlagen und anfänglich
wenig begeistert, als ich gegen Mittag den Anruf vom Kollegen Veljko bekam, dass
die Abfahrt zum Belgrader Stadtderby bereits um 4 Uhr früh erfolgen sollte.
Grund war jener, dass das Spiel bereits um 1 Uhr Mittag angepfiffen werden
sollte, aufgrund der Vorfälle beim Spiel Italien-Serbien zwei Wochen zuvor.
Beide Fangruppen wurden also genauestens beäugt, und um 1 sollte auch der
Alkoholgehalt noch nicht so hoch sein.
R sagte für die Tour ab, und wie eingangs erwähnt, aufs frühe Aufstehen hatte
ich auch nicht viel Bock.
Aber was nimmt man nicht alles in Kauf. Um halb 4 ging es von meiner Wohnung aus
per Taxi Richtung Favoriten, wo Vejlko noch am Auto umhantierte - er hatte erst
gar nix geschlafen, genauso wenig wie Ilija, der wenig später aus einem Beisl
anschlapfte.
Dessen Verspätung wurde ihm später noch des öfteren vorgeworfen, denn es wurde
ziemlich knapp. Bis zur ungarischen Grenze, und darüber hinaus ging es relativ
hurtig dahin, ehe man sich südlich von Budapest ein Frühstück genehmigte. Gegen
halb 9, nach etwa 4 Stunden Fahrzeit, war man auch schon an der
ungarisch-serbischen Grenze angelangt. Ab da ging dann nicht mehr viel weiter:
Wartezeit an der Grenze, sowie größtenteils fehlende Autobahnen in Serbien warf
einen dann zeitmäßig ziemlich zurück.
Gegen 11 kamen wir dann in Temnerin, der Heimatstadt des Kollegen an, eine
kleine Stadt in der Nähe von Novi Sad. Nach Bier, Schnaps (jo bist du gscheit,
die Selberbrannten) und auch etwas Essen bei seiner Family ging es dann weiter
nach Belgrad.
Das Auto wurde etwas außerhalb des Zentrums abgestellt - das ist auch sehr
ratsam bei einem Wiener Kennzeichen. 10 vor eins war es bereits, und von einem
Taxi weit und breit nix zu sehen. Schließlich wurde doch eins ausfindig gemacht,
und mir wurde befohlen, den 1mund zu halten, da man als quasi Ausländer ziemlich
genommen wird. Der Taxler war allerdings schwersten auf unserer Seite und
brauste im Rekordtempo zum Marakana.
In der Nähe ausgestiegen, die letzten Meter - vorbei an Hundertschaften
Polizisten - laufend zurück gelegt.. Beim Eingang trafen wir dann noch Michele,
der 4 Tickets besorgt hatte. Außerdem wurde ich vorm Betreten gleich mal ein Kilo
Kleingeld los, ich hatte blöderweise vergessen, die etwa 25 Euro in den Rucksack
zu werfen. Zu deppert!
Wir befanden uns auf der Haupttribüne, links hinter dem Tor die Anhänger von
Svezda, rechts die Grobari von Partizan.
Wie bereits erwähnt: sollten sich beide Gruppen, auch nur den geringsten Unfug
leisten, drohte die UEFA mit dem Ausschluss sämtlicher serbischer Vereine aus
Europa und Champions League, sowie aus der Euro Qualigruppe.
Somit spielte sich auch dementsprechend wenig ab, ähnlich wie voriges Jahr bei
Hajduk-Dinamo, als ja die Split Fans streikten. Normalerweise fliegen da einem
die Bengalen und sonstiges nur so um die Ohren, gibt es Platzstürme und Boxereien
en masse - doch dieses mal benahmen sie sich gesittet.
Was nicht heißt, dass es leise war. Denn bei dem Scheiß, den beide Mannschaften
über 90 Minuten boten, war der Support Weltklasse. Extreme Lautstärke - und
Pöbeleien zwischen den Sektoren. Also, ein gewisser Nervenkitzel lag schon in
der Luft. Immer wieder das Rotoren von Polizeihubschraubern (ist draußen was
los?), mehrere Staffeln Polizisten um das ganze Spielfeld herum.
Ausnahmezustand! Bereits Tage zuvor war dieses Spiel Thema in jeder serbischen
Fernsehsendung!
Und dann ließ das Spiel so zu wünschen übrig! Wir saßen kaum, da schlug es auch
schon im Gehäuse der Heimmannschaft ein: Partizan traf zum 1:0, hysterische
Jubelausbrüche in deren Sektor, sofort mit übelsten Schimpftiraden geantwortet.
Mir wurde weiterhin geraten, nicht Deutsch zusprechen. Schon seltsam, aber wie
gesagt, auch Nervenkitzel vermischt mit einer gewissen Müdigkeit, eine Droge für jeden Groundhopper!
Das Spiel selber schlief immer mehr ein, Roter Stern konnte nach vorne kaum
Druck aufbauen. Die einzige Chance für die Heimmannschaft entstand durch ein
Fast-Eigentor eines Schwarz Weißen.
Es bleib also beim 1:0! Beim anschließenden Marsch Richtung Innenstadt, sah man
das ganze Ausmaß der Belagerung Belgrads: am jedem neuralgischen Punkt Dutzende
Bullen - in der ganzen Stadt waren laut TV 3.000 verteilt. Es kam aber zu keinen
nennenswerten Ausschreitungen.
Belgrad ist nicht nur vom Fußball her eine Reise wert, die Stadt ist wirklich
sehenswert, und so wurde bis zum späteren Abend Sightseeing betrieben, ehe es
nach Temerin zurück ging, wo der Vater vom Veljko eine Grillerei aufwartete, die
a la boneur war, wie dieser Schnaps.
Gegen eins ging es dann endlich in die wohlverdiente Nachtruhe. |